Die erste Generation: Johannes Jöchle
Johannes Jöchle eröffnet 1925 seinen Betrieb in Baindt
Ein junger Meister gründet einen Handwerksbetrieb. Auf den ersten Blick nichts Besonderes. Die Firmengründung von Johannes „Hans“ Jöchle jedoch hat für die Gemeinde Baindt in Oberschwaben ganz neue Perspektiven eröffnet. Denn mit Hans Jöchle kam ein sehr junges Handwerk nach Baindt: Die Elektroinstallation.

Bei der Elektroinstallation geht es ganz einfach um die Versorgung mit Strom, um elektrische Geräte betreiben zu können. So ging es in den ersten Jahren der Firma Jöchle ganz praktisch um das Verlegen von Leitungen (ummantelte Drähte), das Anschließen von Geräten für Handwerksbetriebe und das Anbringen von Schaltern und Steckdosen.
Solche Betriebe für Elektroinstallationen gab es in Deutschland zwar schon ab den 1890er Jahren , aber zunächst nur in Industriestädten, danach auch in mittelgroßen Städten und nochmals später im ländlichen Raum.
Anfangs musste ein Kraftwerk direkt oder sehr nahe bei den Verbrauchern sein, und daher war Elektrizität auf dem dünn besiedelten Land praktisch nicht verfügbar. In großem Stil möglich wurde die Stromverteilung erst mit weiteren Innovationen: Es brauchte kilometerlange Stromleitungen und nicht zuletzt Transformatoren, um die Eingangsspannung umzuwandeln und die Ausgangsspannung größer oder kleiner zu machen. Eine immer größere Rolle spielte bald auch, dass es Strom in unterschiedlicher Form gab, Wechsel- und Gleichstrom, und für jede Form entwickelten sich unterschiedliche Anwendungen.
Für die Versorgung der Region wurden die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) wesentlich, die es heute noch als Hauptaktionär der EnBW gibt.
Als Hans Jöchle in Baindt seinen Betrieb eröffnete, war ihm klar, dass er in der damals noch sehr kleinen Gemeinde bereits eine berufliche Chance als selbstständiger Elektroinstallateur hatte. Denn: So wie sich sehr viel später das Internet ganz rasch durchgesetzt hat, war dies vor über einem Jahrhundert der elektrische Strom und seine Möglichkeiten.
Die Jöchles werden eine Baindter Familie
1924 haben Johannes und Monika Jöchle in Baindt geheiratet, im Jahr danach hat Hans Jöchle den Betrieb eröffnet.
Dabei stammte Hans Jöchle nicht aus Baindt, sondern aus der Gemeinde Schwendi unweit von Laupheim im heutigen Landkreis Biberach. Er wurde dort 1891 als Sohn einer zehnköpfigen-Familie geboren und wuchs als jüngstes Kind mit fünf Schwestern und vier Brüdern auf.

Er überlebte den Ersten Weltkrieg, in dem er in den Luftstreitkräften diente. Spätestens damals begeisterte er sich für Technik, was dann auch zur Lehre der Elektroinstallation führte. Er gehörte in Oberschwaben auch zu den ersten Meistern in diesem Handwerk.
Seine Frau Monika fand Hans Jöchle in Baindt, wo sie aufgewachsen war und im anspruchsvollen Beruf einer Hebamme gearbeitet hatte. Wenige Jahre nach Eröffnung des Betriebs konnte das Ehepaar 1930/1931 für die Wohnung und das Geschäft ein eigenes Haus bauen. Dieses entstand in der Storchenstraße mit der Hausnummer 2 im alten Ortskern unweit des ehemaligen Klosters. Dort wuchsen die Kinder Monika, Hans, Herrmann und August auf und gingen auch zur Schule: Nach einem erfüllten Arbeits- und Familienleben verstarb Johannes Jöchle 1961 in Baindt.
Elektroinstallationen in und um Baindt

Im Vordergrund des Fotos sieht man einen hölzernen Strommasten und damit die Voraussetzung, dass man Elektrizität in Baindt nutzen konnte. Das war die Basis für die Arbeit der Firma Jöchle.
Hans Jöchle hat ab 1925 über Jahrzehnte Grundlagenarbeit für die Elektrifizierung von Baindt sowie für die Dörfer in der Umgebung geleistet. Denn er hat für Handwerksbetriebe, Bauernhöfe, öffentliche Gebäude und Privathäuser elektrischen Strom verfügbar gemacht.
So hat Jöchle das Wachstum der Gemeinde begleitet, indem er Neubauten mit elektrischen Leitungen versorgt hat. Und durch nachträgliche Einbauten hat er auch Altbauten eine moderne Nutzung von Elektrizität eröffnet. Strom brauchte man in jenen Anfangsjahrzehnten der Elektrifizierung in erster Linie für die zentrale erste Erfindung mit elektrischem Strom, die von Thomas Alva Edison geprägte Glühbirne, die Kerzen und Petroleumlicht ersetzte.
Bald kamen anspruchsvollere Installationen hinzu: Denn Handerker brauchten sehr bald Stromanschlüsse für Maschinen und Geräte. Und als Krönung: Auch kleine Firmen auf dem Land hatten eine sehr viel höheren Strombedarf wie Privathaushalte. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, installierte Hans Jöchle leistungsfähige Elektroanlagen.
Der Trend zur Elektrifizierung hielt in den folgenden Jahrzehnten an, sogar über Weltwirtschaftskrise und Zweiten Weltkrieg hinweg. Auch danach hat Hans Jöchle noch am großen Wachstum der Wirtschaftswunderjahre mit immer mehr Bedarf an elektrischem Strom mitgewirkt
Baindt – ein Dorf mit Geschichte braucht Energie

Als Hans Jöchle heiratete und sein Geschäft eröffnete, zählte Baindt um 1930 ungefähr 985 Einwohner. Wie das Foto zeigt, eine sehr ländlich geprägte Gemeinde mit einigen Handwerksbetrieben.
Dabei war Baindt über Jahrhunderte ein eigener Mini-Mini-Staat. Denn das Dorf war die Siedlung bei einem Frauenkloster der Zisterzienserinnen gewesen, das um 1240 gestiftet worden war. Das Kloster unterstand nicht einer Herrschaft vor Ort oder Grafen oder Fürsten, sondern gehörte dem Reich. Könige und Kaiser waren fern, und das hieß: Man war weitgehend frei – über Jahrhunderte. Diese Zeit endete mit Napoleon 1802, und 1826 wurde Baindt eine eigene Gemeinde und Teil Württembergs (später Baden-Württemberg).
Frühe Nutzung von Energie in Form von Wasserkraft
Für die Energieversorgung war seit 1270 eine Mühle des Klosters zuständig, durch Wasser betrieben, das über einen eigenen Kanal von zwei Weihern zugeführt worden ist. Die Wasserkraft der Mühle nutzte man für eine Sägerei und eine Bäckerei. Energie war also nur einigen wenigen Handwerkern von grundlegender Bedeutung zugewiesen.
Sehr viel später löste dann die Elektrizität die Wasserkraft als Energielieferant ab. Nun wurde Energie in Form von Strom eine Massenware für alle. Damit diese aber auch allen zur Verfügung stehen konnte, das war die Aufgabe des Elektroinstallateurs Jöchle.